Zeitzeugengespräch am HvGG

Zeitzeugengespräch mit Michaela Vidláková

Am 29. Juni 2023 fand in Zusammenarbeit mit dem Zeitzeugenprojekt im Bistum Limburg und mit Pax Christi eine Zeitzeugenbegegnung in unserer Aula statt. Frau Dr. Michaela Vidláková (* 1936 in Prag mit dem Familiennamen Lauscherová) berichtete via ZOOM-Meeting über ihre Kindheit in der Zeit des Nationalsozialismus in Theresienstadt. Zuvor hatte es solche Begegnungen mit Zeitzeugen am HvGG bereits im Jahre 2021 mit Anna Janowska-Ciońćka und mit Helmut „Sonny“ Sonnenberg gegeben.

Dr. Michaela Vidláková, * 1936 in Prag

Dr. Michaela Vidláková, * 1936 in Prag

Die Klassen 9a, 9c und 9d besuchten die Veranstaltung im Rahmen des Katholischen Religions- bzw. des Geschichts- und Deutschunterrichts von Herrn Waller, Frau Hofmann und Frau Richter-Seitz.

Von Seiten des Bistums wurde die Begegnung der Zeitzeugin mit den Jugendlichen von Herrn Dr. Marc Fachinger in Präsenz am HvGG moderiert. Von Pax Christi war Herr Rüdiger Grölz bei uns anwesend. Zusätzlich waren (Berufs-)Schüler*innen von Schulen aus Limburg, Kriftel und Kelkheim als Teilnehmer im Meeting zugeschaltet.

Frau Vidláková stellte in ihrem über einstündigen Vortrag mit vielen anschaulichen Folien und Bildern zunächst den Aufstieg des Nationalsozialismus dar. Dann berichtete sie von den zunehmenden Repressalien gegen die Juden im Dritten Reich, die am 9. November 1938 in der Reichspogromnacht ihren ersten Höhepunkt erreichten. 1939 wurden Teile der damaligen Tschechoslowakei vom Deutschen Reich besetzt und in das Protektorat Böhmen und Mähren umgewandelt. So wurde auch in diesen Gebieten Juden der Besuch von öffentlichen Einrichtungen verboten und sie wurden enteignet.

Die Vertreibung der Familie aus der Wohnung in Prag schilderte Frau Vidláková ebenso wie die Deportation zusammen mit ihren Eltern in das Ghetto Theresienstadt. Besonders berührend ist die eindrucksvolle Geschichte, wie sie den Holocaust letztlich überlebten. Dabei spielte ein Holzspielzeug eine entscheidende Rolle, das der Vater für Michaela zum fünften Geburtstag angefertigt hatte. Wegen seiner handwerklichen Fähigkeiten konnte sich der Experte für Pelzverarbeitung als Zimmermann ausgeben, weswegen er, seine Frau und Michaela nicht wie tausende anderer Juden vom Durchgangslager Theresienstadt in ein Vernichtungslager geschickt wurden. Die Eltern mussten dort Zwangsarbeit leisten, die kleine Michaela kam ins Kinderheim im Ghetto, wo sie sogar bei Lehrern, die dafür ihr Leben riskierten, heimlich Unterricht besuchen konnte. Gegenüber einer Delegation des Internationalen Roten Kreuzes inszenierte die SS im Rahmen der sogenannten „Verschönerungsaktion“ am Beispiel Theresienstadt als „Vorzeigelager“, dass es den Bewohnern solcher Ghettos gut gehe. Die SS ließ daher sogar zu, dass Theater gespielt und Konzerte aufgeführt werden durften. Als Theresienstadt von der Roten Armee befreit wurde, konnte Michaela mit den Eltern nach Prag zurückkehren.

Im Anschluss stellten Schüler*innen von anderen Schulen und auch von uns Fragen an die Zeitzeugin, die sie umfassend beantwortete. Für die Jugendlichen und die Lehrkräfte war es ein eindrucksvolles Erlebnis, das uns sicherlich lange in Erinnerung bleiben wird. Wir danken Frau Vidláková für ihren berührenden Vortrag und ihr Engagement für die Jugendlichen.

Text: Johannes Waller

Bilder: Bistum Limburg, Zeitzeugenprojekt

Fotos: Johannes Waller