Besuch der Q3 in der Gedenkstätte Point Alpha in der Rhön
Unter strengen Hygienemaßnahmen (2G++) konnte am 21. Dezember 2021 die lang ersehnte Fahrt zum westlichsten Punkt der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze, Point Alpha, stattfinden. An diesem Ort ist auch heute noch unmittelbar nachvollziehbar, wie sich im sogenannten „Fulda-Gap“ NATO und Warschauer Pakt direkt gegenüberstanden.
Im Rahmen der Exkursion erhielten die Schülerinnen und Schüler eine Führung über das Gelände eines ehemaligen Grenzpostens, erkundeten die Grenzanlagen der DDR, die über die Jahrzehnte hinweg immer unüberwindbarer gesichert wurden, und folgten gebannt den bewegenden Erfahrungen eines Zeitzeugen.
Der ehemalige unmittelbar an der Grenze gelegene Stützpunkt der U.S. Streitkräfte, welcher der Gedenkstätte heute seinen Namen gibt, ist weitgehend im Originalzustand erhalten – inklusive militärischer Fahrzeuge und Hubschrauber. In den ehemaligen Baracken befindet sich heute eine Ausstellung zur Geschichte des Ost-West-Gegensatzes. Dort werden zahlreiche spannende Exponate ausgestellt, darunter z.B. strategische Kriegsspiele und Sprengschächte, die auch nuklear bestückt werden konnten.
Das Museum im „Haus an der Grenze“ zeigt hingegen die Geschichte der deutsch-deutschen Teilung und Wiedervereinigung. Hier können u.a. Fluchtgeschichten und der Aufbau der Mauer nachvollzogen werden. So finden sich hier zum Beispiel auch die Kleidung, eine Zange und der Passierschein, die der Zeitzeuge Berthold Drücker am Tag seiner Flucht bei sich hatte.
Vor drei Gruppen berichtete Berthold Drücker (Jahrgang 1947) eindrücklich von seinen Erlebnissen als Kind und Jugendlicher in der DDR. Als Kind katholischer Eltern spielten christliche Werte innerhalb seiner Familie eine wichtige Rolle. So wurde es für ihn zunehmend belastender, mit zwei Wahrheiten zu leben. Wenn es um die Anfertigung von Hausaufgaben ging, bestand regelmäßig ein Konflikt zwischen „das ist alles gelogen“ und „Du sollst nicht lügen!“. Auf verschiedenste Weise war er Zeuge von perfiden Bespitzelungen und Indoktrination der Bevölkerung. So fragte ein Lehrer, wie die Uhr der Nachrichten im Fernsehen aussah, um herauszufinden, ob die Schüler verbotenerweise Westfernsehen kannten. Bis zum Alter von 16 Jahren klangen immer die Worte seiner Eltern in Berthold Drückers Kopf: „Pass auf, was du sagst, sie bringen dich um Haus und Hof.“ Seine Eltern äußerten im engsten Kreis auch deutlich ihren Unmut über den Unrechtsstaat, der eines Abends in dem Satz des Vaters gipfelte: „Was ist das für ein Land, in dem man Kinder zu Lügen, Militarismus und Verrat erzieht?“
Der vom Regime vorgegebene Berufsweg passte nicht zu seinem Wunsch, Journalist zu werden. Mit nur 16 Jahren entschloss er sich – ohne Rücksprache mit Familienangehörigen – zur Flucht in die Bundesrepublik.
Aufgrund von landwirtschaftlicher Tätigkeit hatte er einen Passierschein für das Sperrgebiet. Er trennte den Stacheldraht und gelangte mit sehr viel Glück über den Minengürtel und überwand leicht verletzt auch den Todesstreifen.
Nach einem schwierigen Anfang im Westen als minderjähriger Flüchtling gelang ihm durch die vorurteilsfreie Hilfe unterschiedlicher Menschen die Erfüllung seines Berufswunschs. Berthold Drücker wurde schließlich Chefredakteur verschiedener Zeitungen.
Wir bedanken uns für diese eindrücklichen Einblicke in seine Vita und verstehen Sie als Ermutigung, die eigenen Ziele konsequent zu verfolgen sowie immer für Freiheit zu kämpfen.