Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl
Wie üblich, wird vor der (vorgezogenen) Bundestagswahl eine Podiumsdiskussion mit Frankfurter Direktkandidatinnen und -kandidaten aller im Bundestag vertretenen Parteien veranstaltet werden, d.h. mit
Leopold Born, CDU
Lena Voigt, SPD
Omid Nouripour, Bündnis 90/ Die Grünen
Thorsten Lieb, FDP
Jörn Bauer, AfD
Michael Müller, Die Linke
Die Podiumsdiskussion wird stattfinden
am Dienstag, dem 18. Februar 2025,
um 19 Uhr
in der Aula.
Aufgrund der begrenzten Kapazität unserer Aula müssen wir das Publikum auf 180 Personen begrenzen. Daher ist der Einlass nur mit einem Ticket möglich, das während der Pausen gegen Vorlage des Schülerausweises und zum symbolischen Preis von einem Euro erworben werden kann; die Einnahmen werden der Bildungsstätte Anne Frank gespendet. Da die Schülerinnen und Schüler unserer Oberstufe die Hauptzielgruppe der Veranstaltung sind, erhalten diese den Vorzug beim Ticketverkauf. Ab Freitag, dem 7. Februar 2025, können dann alle unsere Schülerinnen und Schüler für sich selbst sowie maximal drei Angehörige Karten erwerben. Es gilt das Prinzip First come, first served.
Aufgrund der Rückmeldungen aus der Schulgemeinde zu den letzten beiden Podiumsdiskussionen vor der Landtagswahl 2023 und der Europawahl 2024 wurde dieses Mal im Vorfeld eine Abstimmung über die Zusammensetzung des Podiums durchgeführt. Entsprechend den Rückmeldungen standen dabei zwei Möglichkeiten zur Abstimmung, nämlich dass entweder die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten aller im Bundestag vertretenen Parteien eingeladen werden oder alle Kandidatinnen und Kandidaten außer dem der AfD. Alle Lehrkräfte, alle Schülerinnen und Schüler der drei Jahrgangsstufen E, Q1 und Q3 sowie deren Eltern haben über diese beiden Möglichkeiten abstimmen können mit der Maßgabe, dass für den Fall, dass eine der drei Gruppen (Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern) mehrheitlich für die zweite Option votiert, die Direktkandidatinnen bzw. -kandidaten aller im Bundestag vertretenen Parteien außer dem Kandidaten der AfD eingeladen werden. Für dieses Verfahren haben wir uns nach sorgfältiger Abwägung verschiedener Möglichkeiten entschieden, da es mit Blick auf den zu wahrenden Schulfrieden einen angemessenen Kompromiss aus Mitbestimmungsrecht einerseits und Abwehrrecht andererseits darstellt. Die drei Gruppen (Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern) haben sich indes unterschiedlich deutlich, aber doch alle mehrheitlich für die erste Option ausgesprochen, so dass die Direktkandidatinnen und Direktkandidaten aller im Bundestag vertretenen Parteien eingeladen wurden. Mit Blick auf die Rückmeldungen, die uns vor allem aus der Schulgemeinde und teils auch aus der weiteren Öffentlichkeit zu den letzten beiden Podiumsdiskussionen vor der Landtagswahl 2023 und der Europawahl 2024 erreicht haben, halten wir es für sinnvoll, den Sinn und Zweck der Podiumsdiskussion im Folgenden näher zu erläutern:
Ganz im Sinne des verbindlichen Bildungs- und Erziehungsauftrages und unter Beachtung des Beutelsbacher Konsenses möchten wir die Schülerinnen und Schüler dazu anleiten und befähigen, in Anerkennung der Wertordnung des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Hessen die Grundrechte für sich und andere wirksam werden zu lassen, eigene Rechte zu wahren und die Rechte anderer auch gegen sich selbst gelten zu lassen sowie staatsbürgerliche Verantwortung zu übernehmen und zur demokratischen Gestaltung des Staates und einer gerechten und freien Gesellschaft beizutragen. Wir wollen jede und jeden dazu befähigen, Konflikte vernünftig und friedlich zu lösen, aber auch Konflikte zu ertragen sowie sich eine eigenständige Meinung zu bilden und sich mit den Auffassungen anderer Menschen unvoreingenommen auseinanderzusetzen. Dazu gehört es unter anderem, nach ebenso eingehender wie umfassender Vorbereitung durch Lehrkräfte mit durchdachten Argumenten persönlich Stellung zu nehmen, Haltung zu zeigen und auch andere Ansichten auszuhalten, sofern sie nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung verletzen.
Es liegt auf der Hand, dass diese Zielsetzung insbesondere für politische Podiumsdiskussionen gilt. Eine bestimmte Position oder eine im Bundestag, Landtag oder Europaparlament vertretene Partei von vornherein auszuschließen, halten wir mehrheitlich weder für angemessen noch für zielführend. Denn ein Ausschließen, Ignorieren oder Ähnliches würde im Grunde eine Nichtauseinandersetzung mit Positionen bedeuten, die in unserer Gesellschaft – ob gewollt oder nicht – vertreten werden, und damit eine Möglichkeit verhindern, dass eine Haltung tatsächlich offen gezeigt werden kann. Eben dies ist aber unabdingbar in einer wirklich wehrhaften Demokratie. Was wir alle beim politischen und gesellschaftlichen Diskurs bedenken sollten, hat auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Herr Prof. Dr. Stephan Harbarth, anlässlich des Festakts zum Tag der Deutschen Einheit im Jahr 2023 erklärt:„Es ist gewiss so viel einfacher und bequemer, stets nur den Dialog mit Gleichgesinnten zu führen. Der Rückzug in den Raum vermeintlicher Gewissheiten maximiert den Zuspruch und minimiert den Zweifel. Allein: Die Demokratie lebt auf Dauer nur, wenn wir alle miteinander im Gespräch bleiben. Wagen wir dieses Gespräch über die Grenzen des Bekannten hinaus, in Respekt und mit Stil. Das Vermächtnis der Paulskirche und der Wende von 1989/90, uns als zusammengehörige, ja als unteilbare Einheit zu verstehen, fordert uns auch heute. Nehmen wir unser Gegenüber trotz aller Unterschiedlichkeit als gleichberechtigten Diskussionspartner an, immer in dem Bewusstsein, dass auch die oder der Andere mit ihren oder seinen Perspektiven etwas Richtiges zur Debatte beitragen könnte, vielleicht sogar einmal mehr als man selbst. Führen wir deshalb Diskurse nicht nur im Sende-, sondern auch im Empfangsmodus. Meiden wir moralische Überhöhung des eigenen Standpunkts, die den Raum für die Kraft des argumentativen Austausches verengt. […] Und schließlich gehören zur Demokratie nicht nur Debatte und Streit, sondern auch Fähigkeit und Bereitschaft zum Kompromiss und zum Aushalten von Widersprüchen.“
Etliche Rückmeldungen von Schülerinnen und Schülern, Eltern sowie Lehrkräften, die bei vergangenen politischen Podiumsdiskussionen an unserer Schule zugegen waren, und insbesondere die oben erwähnten Abstimmungsergebnisse bestärken uns mehrheitlich in der Überzeugung, dass für die nachhaltige Demokratieerziehung das Führen einer unmittelbaren Auseinandersetzung der bessere Weg ist als das Ausschließen einer bestimmten Partei oder Position. Die Schülerinnen und Schüler des Heinrich-von-Gagern-Gymnasium haben jedenfalls in verschiedenen Zusammenhängen wiederholt unter Beweis gestellt, dass sie über eine ausgeprägte Kritik- und Urteilsfähigkeit verfügen, einen politischen Diskurs konzis und überzeugend führen können und insbesondere substanzlose populistische Parolen – von wem auch immer sie in die Welt gesetzt werden – als eben solche erkennen und entsprechend entlarven können. Zudem gewährleistet auch die Anwesenheit der Kandidatinnen und Kandidaten der anderen Parteien einen Diskurs, der unterschiedliche Positionen abbildet und Widerspruch ermöglicht, wo dieser notwendig erscheint.
Vor diesem Hintergrund könnte und würde die Ausladung einer bestimmten Partei von vielen Mitgliedern der Schulgemeinde nicht unberechtigterweise als geradezu paternalistische Entmündigung aufgefasst werden. Auch die mitunter gestellte Forderung, die Schule möge durch die Ausladung einer bestimmten Partei Haltung zeigen, erscheint deshalb vielen nicht überzeugend. Es ist jedenfalls alles andere als unstrittig, ob Haltung zu zeigen darin besteht, eine unmittelbare Auseinandersetzung mit Vertreterinnen und Vertretern von Positionen, die man von Grund auf ablehnt, von vornherein zu verhindern, oder aber im Gegenteil gerade darin, eben diese Auseinandersetzung nach ebenso eingehender wie umfassender Vorbereitung zu führen, insbesondere wenn sie im sicheren Umfeld der Schule erfolgt. Ungeachtet dessen bedeutet die Einladung von Parteien zu politischen Podiumsdiskussionen ohnehin in keinem Fall, dass die Schule den Positionen jener Parteien in irgendeiner Weise zustimmt, sondern nur, dass die Auseinandersetzung mit diesen Positionen im beschriebenen Rahmen ermöglicht werden soll.
Selbstverständlich reflektieren wir aber gemeinsam mit der Schüler- und Elternschaft regelmäßig schulintern, welches Vorgehen und welcher Umgang aus pädagogischer Sicht mit Blick auf unseren Bildungs- und Erziehungsauftrag für unsere Schülerinnen und Schüler passend sind.
Dr. Gerhard Köhler
Schulleiter